OP-Marburg interviewt Andreas Buß zum Thema Bärlauch

Der Bärlauch - regionales Kraut, erlebt eine Renaissance
Der Bärlauch - regionales Kraut, erlebt eine Renaissance

Die Bärlauch-Renaissance

Und plötzlich tauchte er wieder auf. In Quark und Butter, als Schaumsüppchen oder als Geschmacksgeber in Käse oder Wurst: der Bärlauch. Lange Zeit spielte das Kraut in der Küche keine Rolle - jetzt erobert es die Genießergaumen zurück.

 

Die Oberhessische Presse setzt mit Andreas Buß, Vorsitzender der Marburger Köche, die beliebte Serie "Besser-Esser" fort.

 

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Produkt der Woche Nr. 2

Die Bärlauch-Renaissance

Und plötzlich tauchte er wieder auf. In Quark und Butter, als Schaumsüppchen?oder als Geschmacksgeber in Käse oder Wurst: der Bärlauch. Lange Zeit spielte das Kraut in der Küche keine Rolle - jetzt erobert es die Genießergaumen zurück.

Marburg. Als Andreas Buß das Kochen lernte, stand Bärlauch nicht auf dem Lehrplan. Aus der Küche verbannt. Vom Speiseplan verschwunden. Einfach zu bodenständig. Zu langweilig. Zu unrecht? „Ja, völlig“, sagt er. „Bärlauch hat eine Renaissance erlebt. Lange Zeit wurden regional wachsende Pflanzen vergessen – es galt als schick, all das zu verarbeiten, was in der Ferne wächst“, erklärt der Vorsitzende der Vereinigung der Köche Marburgs. „Heute kommt man wieder zurück zu den Ursprüngen. Das ist ein Megatrend. Und der wird auch in einigen Jahren nicht zu Ende sein.“ Ja, Bärlauch, das unscheinbare Kraut mit dem dominanten Geschmack, hat wieder Einzug in die Küche gehalten.

Rezepte verfeinern mit Bärlauch

Doch Buß warnt zur Vorsicht: „Das Kraut, kann leicht mit Maiglöckchen oder der Herbstzeitlosen verwechselt werden. „Das ist aber ein Fehler, den man nur einmal macht.“ Denn schon der Konsum kleiner Mengen der ähnlich aussehenden Kräuter (siehe Kasten) kann schwere Folgen haben. Buß rät daher: „Wer sich nicht auskennt, sollte Bärlauch unbedingt kaufen“. Lieber auf Nummer sicher gehen, statt auf eigene Faust loszuziehen. Auch bei Bärlauch gilt: je frischer das Produkt, desto besser. „Wer etwas mit Bärlauch verfeinern will, der muss sich beeilen.

Zwischen Anfang April und Mitte Mai wächst das Kraut. Das Wörtchen „verfeinern“ verrät es schon. Bärlauch ist ein Produkt, das einem Rezept den letzten Schliff gibt. Als Grundlage für eine Mahlzeit dient es eher seltener. Es peppt auf, es rundet ab, es macht das Gewöhnliche zum Besonderen. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. „Die Grundregel lautet: Je wärmer man Bärlauch zubereitet, desto mehr verflüchtigt sich sein Aroma“, erklärt Buß. „Am Besten verarbeitet er sich in der kalten Küche.“ Beispielsweise als Bärlauchpesto. „Da trifft Mittelhessen die mediterrane Küche“, schmunzelt Buß, während er konzentriert ein paar Bärlauchblätter kleinhackt.

Bärlauch ideal für die kalte Küche

Ein markanter Geruch steigt auf. „Bärlauch ist ein Knoblauchprodukt. Nur nicht bei weitem so geruchsintensiv“, erklärt der Koch. Ideal also für all die Menschen, die den typischen Knoblauchgeschmack lieben, gerne aber auf die Nebenwirkungen verzichten wollen. „Ja, man riecht schon, wenn jemand Bärlauch gegessen hat. Aber nicht noch Tage später“, scherzt Andreas Buß. Er hat sich, entgegen seinem eigenen Tipp, Bärlauch lieber kalt zu verarbeiten, für ein Bärlauch-Risotto entschieden. Aus geschmacklichen und irgendwie auch aus farblichen Gründen. „Auf den Teller gehören immer auch frische Farben. Das Auge muss zufrieden sein. Dann kommt immer auch der Appetit.“ Das Anrichten, das bewusste präsentieren des Essens – es gehört für ihn dazu. „Auch die gewöhnlichen runden Teller will heute niemand mehr haben. Irgendwie will man doch aus dem Rahmen fallen“, erklärt er und wischt mit einem Tuch über den erhitzten Tellerrand. Ein perfektes Arrangement für ein perfektes Risotto. „Erst in der letzten Sekunde darf der Bärlauch in den Topf. Das hat etwas mit dem Chlorophyll, also dem Farbstoff, zu tun. Macht man den Bärlauch von Anfang an mit rein, wird er nach 20 Minuten grau.“ Und eine graue, farblose Küche – das ist das Letzte, was Andreas Buß möchte. „Der Mai bietet uns knackige und frische Produkte. Warum nicht auch mal Spargel und Bärlauch kombinieren? Diese Saisonprodukte vertragen sich wunderbar“, gibt er noch als Tipp, bevor er sich wieder dem Risotto zuwendet. Einmal kurz abschmecken. Perfekt.

Kraut-Salat! Wie erkenne ich Bärlauch?

Nicht nur der Bärlauch wächst zwischen April und Mai, sondern auch Maiglöckchen und die Herbstzeitlosen. Beide Pflanzen sind – im Gegensatz zu Bärlauch – hochgiftig. So unterscheiden Sie die Pflanzen:

  • Geruchstest: Bärlauch zeichnet sich durch einen knoblauchähnlichen Geruch aus. Weder Herbstzeilrosen noch Maiglöckchen teilen diese Eigenschaft.
  • Vorsicht: Auch Maiglöckchen bevorzugen dunkle, feuchte Plätze, um Wurzeln zu schlagen. Manchmal wachsen sie auch zwischen dem Bärlauch. Augenscheinlichster Unterschied: Maiglöckchenblätter wachsen paarweise aus dem gleichen Stengel und umfassen diesen deutlich. Die Blätter des Bärlauchs stehen alleine, wenn auch in Gruppen nahe zusammen. Die Blüten hängen wie weiße Glöcken vom Blütenstengel herab.
  • Auch die Herbstzeitlose wächst an den gleichen Standorten wie der Bärlauch. Ebenfalls zwischen April und Mai. Die Blätter der Herbstzeitlose sind ähnlich geformt wie die des Bärlauchs. Sie wachsen zu mehreren aus einem Stengel. Dabei wächst ein Blatt über dem anderen. Wie es der Name schon vermuten lässt, blüht die Herbstzeitlose erst im Herbst.

 

Die Bärlauch-Renaissance (3:48)

Fakten:

  • Grüne Heilpflanze: Eine alte Bauernregel besagt: „Bärlauch im Mai erspart das ganze Jahr den Arzt und die Arznei.“?Schon die Römer setzten Bärlauch als Heilpflanze ein. Das Kraut soll unter anderem bei Verdauungsbeschwerden, Magen-Darm-Problemen und Blähungen helfen. Bärlauch regt den Appetit an und senkt den Cholesterinspiegel. Er fördert die Funktionen von Leber- und Galle, regt die Harnbildung an, senkt den Blutdruck, hat eine regulierende Wirkung auf den Fettstoffwechsel und schützt sogar gegen Arterienverkalkungen. Außerdem ist in Bärlauch viel Vitamin C und viele gesunde ätherischen Öle enthalten.
  • Kraut der vielen Namen: Bärlauch wird unter anderem auch Knoblauchspinat, wilder Knoblauch, Zigeunerlauch, Waldknoblauch, Hexenzwiebel, oder Waldherre genannt.
  • Pflück mich – aber nur ein bisschen: Nach Paragraph § 39 des Bundesnaturschutzgesetzes genießt Bärlauch auch außerhalb von Schutzgebieten einen Mindestschutz, der untersagt, „ohne vernünftigen Grund wildlebende Pflanzen von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten“ sowie deren „Lebensstätten zu beeinträchtigen oder zu zerstören“. Übersetzt bedeutet das: Die Pflanzen dürfen nur für den Eigenbedarf gesammelt werden.
  • Starke Bären: Der Name ist Programm: Angeblich bekam der Bärlauch seinen Namen daher, weil sich die Bären nach ihrem Winterschlaf mit dem duftenden Kraut vollfraßen. Der Legende nach wurden sie nur deshalb so bärenstark.
Bärlauch-Risotto
  • 3 Schalotten oder Frühlingszwiebeln
  • 1 Esslöffel Butter und 1 Esslöffel Olivenöl
  • 200 Gramm Risottoreis
  • 500 Gramm Geflügel-Fond (A), 70 Gramm Geflügel-Fond (B)
  • 80 Milliliter Weißwein
  • 100 Gramm frischerBärlauch
  • 100 Gramm weißerSpargel
  • 30 Gramm Parmesan
  • Chili

Schalotten in Würfel schneiden, Butter und Olivenöl in einem Topf erhitzen. Schalotten hinzugeben und glasig dünsten. Reis zugeben, glasig dünsten und mit Weißwein ablöschen. Unter Rühren den Wein fast völlig vom Reis aufnehmen lassen. Dann ein Drittel des heißen Geflügelfonds (A) angießen und unter Rühren vom Reis aufnehmen lassen. Diesen Vorgang zwei Mal wiederholen. Dies kann bis zu 20 Minuten dauern. Etwa zehn Minuten vor Garzeitende den Spargel hinzugeben.

Geflügelfond (B) und die Hälfte des Bärlauchs in einem Mixbecher pürieren. Den restlichen Bärlauch schneiden. Risotto würzen. Bärlauchpüree und Bärlauchblätter unterheben und kurz garen. Mit Chili, Pfeffer und Salz Abschmecken und mit Butter und Parmesan verfeinern.

von Marie Lisa Schulz

Die Bärlauch - Renaissance mit Facts von Andreas Buß
Die Bärlauch - Renaissance mit Facts von Andreas Buß